Stadterneuerung 1990 bis 2020

Mit Begeisterung für unsere Heimatstadt

2020 ist ein ganz besonderes Jahr: Wir feiern 30 Jahre die Deutsche Einheit, das 30jährige Bestehen unseres Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern und 30 Jahre Stadtsanierung in unserer Heimatstadt Stralsund.

Eigentlich ein sehr kurzer historischer Moment, lassen Sie uns ein wenig zurückschauen:
1989 befand sich die Stralsunder Altstadt in einem erbarmungswürdigen Zustand. Auf Veranlassung des Bürgerkomitees „Rettet die Altstadt e.V.“ wurde am 1. Dezember 1989 ein allgemeiner Abriss-Stop für die Altstadt verfügt und der Erhalt der Altstadt hiermit besiegelt. Anfang 1990 wurde die Hansestadt Stralsund dann zusammen mit vier anderen Städten der DDR in das Förderprogramm für „Modellvorhaben der Stadterneuerung“ aufgenommen. Zur Umsetzung dieses Programms wurde am 2. Mai 1990 die Stadterneuerungsgesellschaft Stralsund mbH (SES) gegründet. Ein Schwerpunkt der Anfangsphase waren umfassende Sicherungsmaßnahmen an ca. 300 Gebäuden, um den fortschreitenden Verfall der wertvollen alten Bausubstanz zum Stillstand zu bringen und erste sichtbare Zeichen der Erneuerung und damit Hoffnungszeichen für die Bürger zu setzen. Somit konnten viele bedeutende Gebäude überhaupt „überleben“, bis sie zum Teil erst viele Jahre später saniert wurden.

Beispielhaft war die Sanierung ab 1993 des 1256 entstandenen s.g. „Heilgeistkloster“. Mit viel Unterstützung und bürgerlichem Engagement wurde innerhalb eines kurzen Zeitraums das Gesamtensemble denkmalpflegerisch und technisch wiederhergestellt.

Hatte die Altstadt Stralsunds 1990 noch über 6.000 Einwohner, so waren es 1998 nur noch knapp 3.000. Immer mehr Menschen verließen die Altstadt. Durch die strategischen Sanierungsprogramme „Offensive Altstadt“ wurden Voraussetzungen und Anreize für private Investitionen geschaffen. Einen Höhepunkt erlebte die Altstadtsanierung im Jahre 2002, als die Hansestadt Stralsund in einem bundesweiten Wettbewerb für ihre Sanierungsstrategie „Menschen in die Altstadt“ eine von bundesweit acht Goldmedaillen errang. Im gleichen Jahr wurde die Altstädte der Hansestädte Stralsund und Wismar in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen.

Mit ihrer Geschichte, der einmaligen Lage am Wasser und den vielen historischen Bauten ist Stralsund ein Highlight in der norddeutschen Region. Die kulturelle Vielfalt trägt einen großen Anteil daran, dass sich Besucher und neue Bürger für die Hansestadt Stralsund entscheiden.
Diese Kulturvielfalt gilt es zu bewahren und weiter auszubauen. So beschloss zum Beispiel die Bürgerschaft, das Theatergebäude mit Hilfe städtischer Mittel komplett zu sanieren. Im Februar 2008 wurde das Ergebnis der aufwendigen Sanierung sichtbar - ein wunderschönes und zeitgemäß ausgestattetes Theater wurde wiedereröffnet.

Das bisher größte strategische Projekt im Rahmen der Stadtsanierung war die Entstehung des OZEANEUM. Nach der Entscheidung eines europaweiten Wettbewerbs im Jahr 2002 mit 400 beteiligten Architekturbüros wurde das neue Museum gebaut, im Sommer 2008 eröffnet und wurde „Europas Museum des Jahres 2010“.

Ein weiteres Herzensprojekt war die Sanierung des Rathauses, dem Wahrzeichen der Hansestadt Stralsund. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Kaufhaus und Gerichtslaube erbaut, ist es eines der bedeutendsten Kulturdenkmale. Nach zehn umfangreichen Bauabschnitten entstand ein zeitgemäß ausgestattetes Rathaus für den Sitz der Bürgerschaft, des Bürgerschaftspräsidenten, der Fraktionen sowie des Oberbürgermeisters. Spektakulär ist der Rathausdurchgang mit Läden und einem Café im Erdgeschoss sowie der Rathauskeller, mit einer Fläche von 1.300 qm einer der schönsten und größten gotischen Keller im Ostseeraum.

Eine glückliche Entscheidung in den 1990er Jahren war die Entwicklung des ehem. Klosterensembles St. Annen und Brigitten zu einem Verwaltungsgebäude. Allein durch seine Größe und seine denkmalgeschützte komplizierte Grundrissstruktur war das Gebäudeensemble schwer privatisierbar. Heute befindet sich hier das Ordnungsamt, die Kapelle im Klosterhof wird für verschiedene Zwecke der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und ist auch Außenstelle des Standesamtes.
Eines der wenigen, fast vollständig original erhaltenen barocken Stadtpalais der Stralsunder Altstadt ist das Gebäude Ossenreyerstraße 1. Nach jahrelangem Leerstand wurde das stark kontaminierte Gebäude aufwendig denkmalgerecht und barrierefrei saniert. Im Juni 2011 wurde das Gebäude mit einer Welterbe-Ausstellung, dem restaurierten Hackertschen Tapetensaal und Büros für das Amt für Kultur, Welterbe und Medien feierlich eröffnet.

Eine aktuelle, ganz besondere Herausforderung ist die Restaurierung und Rekonstruktion der Orgel in der Kulturkirche St. Jakobi, nachdem das Kirchengebäude von 1990 bis 2017 schrittweise saniert wurde. Inmitten 700jähriger Geschichte präsentiert sich den Besuchern ein einmaliger historischer Raum, der die Wunden der Geschichte ganz bewusst nicht verschweigt. Das 1877 von dem Stralsunder Orgelbauer Friedrich Albert Mehmel vollendete Instrument war zur Zeit seiner Fertigstellung eine der größten und modernsten sowie auch eine der künstlerisch gelungensten Orgeln in ganz Deutschland. 2017 starteten die Restaurierungsarbeiten an der barocken, unglaublich schön gestalteten Orgel, im September 2019 soll sie nach jahrzehntelangem Schweigen ihre Stimme wieder zurückbekommen.

Es gäbe noch von unzähligen Projekten zu berichten:
Mehr als 400 private Modernisierungsmaßnahmen wurden realisiert; der Alte Markt erhielt ein Wasserspiel mit einem Riesenspaß für Groß und Klein; viele Parkhäuser entstanden am Altstadtrand; die Musikschule erhielt großartige Räume in einem barocken Palais, ergänzt mit einem zeitgemäßen Anbau; das 1730 entstandene Schwedische Regierungspalais wurde zeitgemäß für das Bauamt saniert; im STRALSUND MUSEUM wird das Original des Wikinger Goldschatzes dauerhaft ausgestellt; zahlreiche Spielplätze entstanden.

Die Entwicklung der Hansestadt Stralsund zu einem lebendigen und attraktiven Standort für Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit gleichermaßen und die ebenfalls noch zu stärkende Verbindung der Altstadt mit den umgebenden Wasser- und Naherholungspotenzialen in den nächsten Jahren sind entscheidende Voraussetzungen einer nachhaltigen Erhaltung und Entwicklung dieser Welterbestätte für zukünftige Generationen. Viele Projekte sind hierzu in der Vorbereitung bzw. bereits in der Realisierung:
Auf den Hafeninseln ist noch Raum für Ideen, Visionen, Zukunftsträume, die es umzusetzen gilt. Aber auch hier gilt es, wie in der Vergangenheit auch, Fehlentwicklungen zu vermeiden, Geduld und Beharrlichkeit zu beweisen, um dann mit viel Gespür für den „Geist des Ortes“ das richtige Konzept - in zeitgemäßer Formensprache - zu entwickeln.

Die Entstehung eines weiteren Parkhauses auf der Schützenbastion befindet sich in der Planungsphase und wird zeitnah realisiert; die Neugestaltung des Stadtraumes rund um den Neuen Markt; die Umsetzung des Nutzungskonzepts für das Johanniskloster, die Neuausrichtung des STRALSUND MUSEUM im Katharinenkloster, die Entwicklung des Kampischen Hofs, um nur einige Projekte zu nennen.

Die Einwohnerentwicklung in der Altstadt nimmt seit 1998 kontinuierlich zu. Im Jahr 2019 weist die Statistik bereits mehr als 6.200 Altstadtbewohner mit dem jüngsten Altersdurchschnitt auf. Wir sind stolz und freuen uns riesig über dieses Ergebnis, welches nur mit enormer Kraft und Leidenschaft aller am Sanierungsprozess Beteiligten, insbesondere dem bürgerlichen Engagement, in dem historisch betrachteten kurzen Zeitraum von 30 Jahren entstand.